Lieder, so schön, dass es fast wehtut, und Groovewellen zum draufsetzen – »zeichensprecher« machen neuen Indie-Pop mit ungewöhnlicher Besetzung im klassischen Trio: Jan Proske sorgt am Bass für das harmonische Rhythmusfundament, die Gitarre lässt den Sound mit seltsamen Effekten zwischen Rock und Synthetik schweben, während Sänger und Électronicien Michael Markert aka audiocommander live mit sich selbst im Duett singt und in spektakulärer Weise seine (zum Teil eigens entwickelten) sensorischen Musikinstrumente mit Gestik und Fingerdruck bedient.
Lediglich die Elektrobeats werden vorprogrammiert; die Band legt großen Wert darauf, dass alles andere live und in Echtzeit auf der Bühne erzeugt, gesampelt, verändert und gespielt wird. Gitarrenriffs werden eingesampelt und noch während des Solos in eine mehrschichtige zweite Realität verschoben; zweite Singstimmen und Chöre überlagern sich und auch der Bass gerät ab- und an in ein elektronisches Effektinferno. Dabei werden die Effekte nie als Verschönerung eingesetzt: „Wir benutzen Effekte, um damit die Spielweise zu verändern. Normalerweise werden klangverändernde ‚Spielereien‘ erst im Nachhinein dazugemischt, wenn man die Effekte jedoch während des Spielens benutzt, kann man dadurch unmittelbar die Art des Spielens oder Singens beeinflussen. Ein Filter wird so nicht nur zum Aufpepper einer öden Aufnahme, sondern prägt die Aussprache, verändert den Abstand und natürlich auch die Aussage“
Neben den einzelnen Musikern sind die von Michael Markert entworfenen Musikinstrumente, die sensorisch erfasste Daten in rhythmisch harmonisierte Melodien umsetzen, ein wichtiger Aspekt der Band. So erzeugen und verändern Abstandssensoren, die mit der Hand – ähnlich einem Theremin – gespielt werden Musik und Klang; in der Kombination mit differenzierter spielbaren Drucksensoren (Finger-gesteuert) entsteht so ein komplexes Lead-Instrument-Setup, das vor allem durch seine harmonischen Aspekte besticht. Dabei erlaubt die Sensorik eine spontane emotional-elektonische Ausdrucksweise, die von herkömmlichen elektronischen Instrumenten oder Computer-Sequencern natürlich nicht erreicht wird. Erst die Harmonisierung ermöglicht das Echtzeitmusizieren mit anderen Musikern. Ein Demo-Video gibt es hier.
Unterstützt werden die Eigenentwicklungen durch kommerzielle Instrumente mit intuitiven Interfaces, wie z.B. den KAOSS-Pads von Korg oder airSynthies.
Die Instrumentenforschung ist auch der Ausgangspunkt für interaktive Medienkunst-Installationen, wie z.B. der Kontaktstation (Körperkontaktmusik) oder dem m3, einem musikalischen Tor, das Körperbewegung in Musik umsetzt. Diese Nähe zur Interaktion und das Konzept der Transformation des distanzierten Betrachters zum agierenden Subjekt (bis hin zum Werden des eigentlichen Kunstwerkes), legen nahe, dass auch die Performances von zeichensprecher immer im Rahmen des Erreichbaren für den Zuschauer bleiben. Mit anderen Worten: Trotz aller Improvisation und Spielfreude, gibt es immer eine ordnende Gesangslinie, ein erkennbares Muster und – vielleicht – eine schöne Pop-Melodie.
In bester freier Jazzmanier loopen sich »zeichensprecher« durch ihre futuristischen Klangwellen und schenken dem Publikum bei Live-Konzerten einen besonderen Abend voll neuer Eindrücke. Die harmonisierenden Algorithmen entfalten eine außergewöhnliche Stimmung — und wenn die drei Musiker ihre Wellen loopen und der Gesang die seltsamen Klänge zu wunderbaren Indie-Popsongs verbindet, sind alle Bits und Bytes vergessen: dann berührt uns die Musik und wir vergessen für kurze Zeit, dass wir ja eigentlich „Rocker“ oder „Elektros“ sind.